“Haben Sie Schlafstörungen?” – “Ja, zwei…”

Seit knapp zehn Monaten wird meinem Schlafvermögen mehr Dynamik abverlangt als einem olympischen Stabhochspringer. In der ersten Woche nach Geburt der Zwillbos habe ich insgesamt vielleicht sieben Stunden geschlafen. Alles war viel zu neu und aufregend für mich. Und wenn ich nicht stillen oder abpumpen musste, hat neben mir ein frischausgelieferter kleiner Mensch kuriose Geräusche gemacht. Oder eben nicht, und dann lauscht man die ganze Zeit darauf, ob die Kinder denn tatsächlich noch atmen [dass Muttersein ein Paradoxon in sich ist, hatte ich ja bereits verschriftlicht…].

Irgendwann habe ich Strategien entwickelt, trotzdem ein bisschen zur Ruhe zu kommen. Oder ich war einfach so erschöpft, dass ich geschlafen habe. Aber so kleine Kinder sind ja effektiver als jeder Psychothriller, man weiß einfach niemals, wann der nächste Bordservice verlangt oder die nächste Windel gewechselt werden muss – für mich sind solche Unwägbarkeiten ja eigentlich überhaupt nichts, zumindest nicht, wenn ich abschalten und gut schlafen soll/will/muss [im übrigen alles nicht sehr schlaffördernde Vokabeln].

Hörbücher gegen Babygeräusche

Als ich mich dann irgendwann auf diesen Neugeborenen-Thrill eingegroovt hatte und zumindest nachts immer geschlafen habe, wenn die Babys schliefen – wer auch immer sich diese oft praxisferne Weisheit erdacht hat – , kam das nächste Level: Der Erstgeborene fing in der zweiten Nachthälfte an, vor sich hin zu rödeln. Das Kind schlief zwar zwei bis vier Stunden am Stück, war aber mehr oder weniger aktiv und lautstark mit verdauen beschäftigt [ja, liebe Nicht-Eltern, mit der Entbindung beginnt der Lebensabschnitt, in dem man irgendwann völlig unbekümmert, sehr selbstverständlich und immer ziemlich anschaulich über Ausscheidungen aller plaudert]. Das hat mindestens mich, gerne aber auch den Zwillbo-Papa und den Zwillingsbruder am Schlafen gehindert.

Also hab ich angefangen, nachts Hörbücher zu hören. Gerade so laut, dass ich mir einbildete, noch wach zu werden, wenn eines der Kinder Atemaussetzer hat, aber eben laut genug, um des Kindes digestivbedingter Geräuschkulisse etwas entgegenzusetzen. Dabei habe ich mit Vorliebe Bücher gehört, die ich schon kannte, denn war die Handlung neu für mich oder zu spannend, war ich abgelenkt. Wohingegen mich zu triviale Erzählungen unglaublich schnell genervt und so ebenfalls vom Schlafen abgehalten haben. Ihr seht, adäquate Literatur zu finden, ist gar nicht so einfach.

Es wurde besser

Mit den Monaten haben die Kinder irgendwann tatsächlich besser geschlafen. Weder durch noch aus [im erwachsenen Sinne], aber wesentlich besser. Zuerst war mir das ein Fest! Vier, fünf oder sechs Stunden Schlaf am Stück – nach monatelangem Gewecktwerden im Anderthalb- bis Zwei-Stunden-Takt würde man für immer auf Weihnachts- und Geburtstagsgeschenke verzichten, garantierte einem der Nachwuchs dauerhaft solche Ruhezeiten.

Doch zumindest im Hause Doppelkinder ist Schlaf keine stabile Angelegenheit. Seit uns vor ein paar Wochen der letzte Virus heimgesucht und aufgrund fontänenartiger Speiattacken der Zwillbos die Waschmaschinentrommel zum Glühen gebracht hat, ist es wieder Essig mit einem adäquaten Rhythmus. Die Kinder schlafen meist wunderbar ein und sind schon nach drei Sekunden Matratzenkontakt nicht mehr ansprechbar. Aber sobald ich zwei, drei Stunden später die Augen zugemacht habe, fällt der Startschuss zur Bandprobe. Meist wird Heavy Metal geprobt, manchmal Stand-up-Comedy, immer wird dabei mein sichtlich fadenscheiniges Nervenkostüm weiter durchlöchert.

Zumindest klappt ” Liegen, wenn das Baby liegt” hier ganz gut…

Bleibt es ruhig, muss man nicht meinen, dass ich selig schlummere. Offenbar hat sich mein Gehirn nach monatelangem Shuffle-Betrieb, absolut nicht voraussagbaren Flaschen-, Schnuller und Still-Appellen selbst auf dauerhafte Alarmbereitschaft gestellt. Schließlich will auch die meiste Zeit des Tages immer irgendwer irgendwas von mir. So sind die Abende, an denen ich zurzeit einfach mal entspannt einschlafe selten, das überlastete System fährt nur langsam runter – wenn überhaupt. Zuweilen kommt es vor, dass ich wach da liege, obwohl niemand den Panik-Buzzer drückt. Obwohl die Jungs friedlich schnorcheln.

Schlafen, wenn das Baby schläft – an Punkten totaler Erschöpfung gelingt mir das, dann wenn mein Schlaf eher einer Bewusstlosigkeit gleicht. Aber es wird bestimmt besser, in 18 Jahren ungefähr.

17 Kommentare Gib deinen ab

  1. Darum haben wir sie ausquartiert :-) Diese permanenten Geräusche beim Schlafen ließen hier niemanden zu Ruhe kommen. Seit 2 Monaten circa ist hier nachts zu 90 % Ruhe, aber der eigene Körper braucht ewig um sich wieder auf Schlafen einzustellen. Fast genau alle 4 Stunden werde ich weiterhin wach, ganz schlimm :-)

    1. Bislang konnte ich mich noch nicht trennen, aber lange wird es vermutlich nicht mehr dauern. Ich hätte nur gerne, dass sie wieder einigermaßen durchschlafen, sonst renne ich nur! ?

      1. Ich kann dich verstehen, wir haben es ja direkt nach ich glaube 10 Tagen gemacht, der Anfang war hart aber im Rückblick gesehen war es so viel besser. Wenn einer wach wurde zum trinken, bekam der andere direkt mit. Mittlerweile haben beide so um die 10 schnuller im Bett und können ihn selbst in den Mund befördern. Ein weiteres Problem weniger :) Für mein Gewissen war es immer gut zu wissen, sie haben ja sich und sind nachts nicht allein (wobei das mittlerweile auch anders ist) aber ich glaube sonst hätten wir auch erheblichen Schlafmangel gehabt, von dem ich echt sagen muss dass er sich tatsächlich in Grenzen hielt, außer eben das Aufstehen nach Rhythmus.

      2. Oh, den Schnuller finden die Herren auch mittlerweile. Vermutlich gibt es kein Patentrezept, sondern jeder schaut, wie es für die eigene Situation und das Wesen der Kinder am besten funktioniert. Sag mal, bloggst du aktuell gar nicht mehr?

  2. Kathi sagt:

    Ich warte bei der Großen (3,5 J.) Noch drauf. Nacht für Nacht gegen 2: Mama, ich komme jetzt rüber! Hallo, da bin ich! ???

    1. Ach ja, aber das finde ich ok, ich rechne schon fest damit ?

      1. Kathi sagt:

        Dann seid ihr cooler als wir, ich hätte vorher nicht gedacht, dass das solange geht ?

  3. Auch wenn Madita ja von 6 bis 6 schläft, tut sie das nur in Etappen…ich muss immernoch alle drei Stunden füttern. Dafür schlaf ich meistens ganz wunderbar ein. Die Erschöpfung scheint dann doch zu gross.

    1. Ich finde auch, wenn ich fix wieder penne, dann sind auch nächtliche Zwischenstopps völlig ok!

  4. Vielleicht sollten wir uns einfach darauf freuen, dann in fünfzehn Jahren samstag morgens leicht passiv-agressiv mit dem Staubsauger gegen die Jugendzimmertür zu donnern…

    1. Passiv-aggressiv gefällt mir!!!!

  5. du könntest echt ein Buch schreiben =) Ich lach mich jedesmal schepp – wobei dir ja manchmal sicher gar nicht nach lachen zu mute ist. Mir als Leserin machst du allerdings eine Freude mit der erfrischenden Art über die Probleme mit kleinen Wesen zu schreiben. Hoffe sie schlafen bald wieder besser

    1. Ach danke, du Liebe ? du hast recht, immer ist mir nicht danach zumute, aber es hilft, darüber zu schreiben und mit etwas Abstand lacht man tatsächlich über vieles ?. Liebe Grüße!

  6. Pingi3107 sagt:

    Ich höre auch jeden Scheiß.Schnuller fällt runter,wer ist wach?Ich.Baby pupst.ich bin wach.baby zwei knurrt im Schlaf:ich bin wach.
    Und jetzt wo sie immer mobiler werden,donnern sie auch gegen die Bettseiten.Wir werden wohl leider ausquartieren müssen,weil sie sich im Bett gegenseitig stören und das zweite Bett nicht ins Schlafzimmer passt.Wie habt ihr das denn gelöst?

    1. Ähm, relativ unkonventionell. Jeder schläft seit Januar mit einem Kind in einem Zimmer, weil wir so am meisten Schlaf bekommen. Jetzt ist geplant, wieder gemeinsam zu schlafen und dann auszuquartieren…also, unser Schlafzimmer ist recht groß, da sollen die Jungs ihr Zimmer bekommen. Ich finde es aber irgendwie besser, wenn wir dann ausziehen…mal sehen, wie sich das realisieren lässt…wahrscheinlich wieder vollkommen anders ?

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