Nach zehn Tagen Viren-Dauerfeuer auf meine körpereigene Abwehr kriecht mein Immunsystem nun heulend, die weiße Taschentuch-Fahne schwenkend auf Knien unter dem Küchentisch hervor. Kapitulation. Ich ergebe mich, wimmert es.
Wie ein Hüpfburg, die Klammerblues mit einer Nagelpistole getanzt hat, sackt mein Viren-Schutzschild in sich zusammen. Meine gesundheitlichen Abwehrlinien werden so licht wie das Haupthaar eines alternden Herrn, der mit Mühe und Not versucht, sich die verbliebenen drei Fransen über die Glatze zu kämmen, um den Fortschritt des Verfalls zu kaschieren. Ich kämme nicht, ich zücke meine Geheimwaffe.
Husten, das Dir das Fürchten lehrt
Vergangenen Mittwoch hörte ich den Zweitgeborenen morgens durch drei massive Wände hindurch bellend husten. Das war so ein Husten, das Dir als Mutter gleich mitteilt, was Dich in den kommenden Tagen erwartet. Ein Husten, das Dir Geschichten erzählt. Geschichten von Bergen aus zerknüddelten, hochgradig verkeimten Taschentüchern, von verklebten Kinderaugen, von Nasentropfen-Kämpfen vor dem Schlafengehen, von durchkeuchten Nächten und von Inhalationsorgien. Es lässt Dir das Blut in den Adern gefrieren.
Ich seufzte und klagte die Erkältungswelle insgeheim an: Ey, im Ernst jetzt? Es ist nicht mal Mitte September, der Herbst hat noch gar nicht richtig begonnen, die Kinder sind noch nicht einmal in der Kita eingewöhnt und schon jetzt flutest Du unser Haus?!

Es ist eben wie es ist. Der Sommer hat mich verwöhnt. Meinem Unterbewusstsein ist es gelungen, komplett zu verdrängen, wie das Leben mit krankem Kleinkind ist. Wie das Leben mit zwei kranken Kleinkindern ist. Denn ich wüsste nicht, dass sich in den vergangenen drei Jahren mal einer der Zwillinge einen Infekt des anderen hätte durch die Lappen gehen lassen. Das gleiche gilt quasi zu 90 Prozent für mich: Spätestens, wenn die Jungs halbwegs wieder auf dem Damm sind, knickt mein Immunsystem ein.
Kapitulation im Morgengrauen
Die Kapitulation kündigte sich im Morgengrauen an. Ich schlurfte benommen und mehr schlafend als wach vom Nachtgemach in die Küche, um eine Trinkflasche mit frischem Wasser zu befüllen, damit ich es einem der rekonvaleszenten Zöglinge kredenzen kann. Jawohl der Herr, mehr Wasser, sehr gerne. Macht mir gar nichts aus, so angeschrien zu werden. Da spürte ich schon, wie sich der Schmerz leise in den Hals schlich, wie sich unter dem Mantel der Schlaftrunkenheit noch ein weiteres Gefühl der Abgeschlagenheit auszubreiten begann. Nicht gut, meldete die Wahrnehmung an das Bewusstsein, dass ihm verärgert mit einem Ey, lass mich, ich schlafe noch!, die Tür vor der Nase zuschlug.
Keine Zeit zum Kranksein
Am Abend kann ich es nicht mehr leugnen. Ich fühle mich beschissen. Allerdings habe ich dazu keine Zeit, schließlich bin ich Mutter. Doch immerhin steht das Wochenende vor der Tür und der Mann kann die Kinder beaufsichtigen.
Ich werde jetzt versuchen, das Ruder herumzureißen, der Geschichte eine neue Wendung zu geben und die finale Schlacht zu schlagen. Ich muss meine Geheimwaffe aktivieren. Ein Blick in den Kühlschrank zeigt mir, es ist alles da, was ich für den Gegenangriff brauche:

Meine Geheimwaffe
Kurkuma-Wurzeln schlummern friedlich neben Ingwer-Stücken in einer Papiertüte aus dem Bioladen. Sie warten nur darauf, aus ihrem Sommerschlaf geweckt zu werden. Ich schäle ein Stück der Curcumin-haltigen Knolle und schneide sie ebenso wie das Stück Ingwer in Streifen oder Scheiben.
Dann greife ich zum Mörser und quetsche die beiden Wundermittel ordentlich aus, um die Öle freizusetzen, denen entzündungshemmende Wirkung nachgesagt wird. Während der Wasserkocher rauscht, gebe ich die zerstoßenen Knollen in einen Topf. Der erste Schluck des heißen Wassers landet im Mörser, um auch ja jedes Tröpfchen Öl mitzunehmen, und dann erst im Topf. Insgesamt verwende ich gut einen halben Liter Wasser.
Ich lasse das Ganze ein paar Minuten sprudelnd kochen, dann gieße ich einen Teil des Suds in eine Tasse. Damit insbesondere der Kurkuma so richtig Vollgas geben kann, füge ich dem Gebräu eine Messerspitze Kokosöl hinzu, denn Curcumin löst sich besser in Fett. Ich gebe ein kleines bisschen Pfeffer aus der Gewürzmühle hinzu, weil das den Sud ayurvedisch so richtig weit nach vorne bringen soll – warum genau, habe ich vergessen.

Honig mag keine Hitze
Wenn dieser…nennen wir ihn mal Tee…dann etwas abgekühlt ist, folgt noch ein stattlicher Löffel Honig, denn der wirkt antibakteriell – allerdings nur, wenn das Getränk, in dem man ihn versenkt, nicht zu heiß ist. Hitze killt die gesundheitsfördernden Enzyme des Bienenprodukts.
Das Ganze verleibe ich mir jetzt ein – am besten in der heißen Badewanne, um die Schwitzkur, was ja fast schon nach Wellness klingt, richtig anzukurbeln. Ich kann förmlich schon hören, wie der Infekt winselnd um Gnade bettelt. Aber nicht mit mir, mein Lieber, ich mache heute keine Gefangenen!
Wer übrigens nicht über Mörser und Stößel verfügt, kann die zerkleinerten Knollen auch einfach etwas länger köcheln lassen. Wenn ich mich noch nicht ganz hundeelend fühle, spare ich mir den Schritt mit dem Kochtopf außerdem und gieße den Tee direkt in einer großen Tasse auf. Wen die Stückchen darin stören, der kann das fertige Gebräu noch mal durch ein Teesieb gießen oder die Ingwer- und Kurkumascheiben auf einen Holzspieß pinnen. Da ich Bio-Produkte benutze, schenke ich mir auch meistens das Schälen und wasche die Wurzeln nur ab.
Prost und gute Besserung!
Du brauchst:
Ein paar Kurkuma-Wurzeln und
ein Stück Ingwer (etwa so groß wie Dein halber Daumen) aus dem Bioladen
Eine Messerspitze Kokosöl (keine Ahnung, welchen Ruf das gerade hat, ich habe die Debatte nicht verfolgt)
Etwas schwarzen Pfeffer
So viel Honig, wie Du magst.
400-500 ml Wasser.
ACHTUNG: Kurkuma färbt wie Hulle, wenn Du keine gelben Finger bekommen möchtest, zieh lieber Haushaltshandschuhe an!