Aufgefallen ist es mir neulich, als ich mich bei einem der Jungs entschuldigen wollte. Dieses kleine Wörtchen, das sich so oft in meinen Mund stiehlt, von dort über die Zunge und Lippen hüpft, hinaus in die Welt: Aber. Entschuldige, dass ich geschimpft habe, aber…
Dieses kleine Wörtchen macht im Grund alles nicht, was ich vorher gesagt habe. Meine Entschuldigung. Es nimmt ihr die Aufrichtigkeit. Flacht Herzenstiefe ab. Lenkt das eigentlich Ansinnen – aus meiner Seele heraus zu sagen, dass es mir leid tut – auf ein anderes: auf Rechtfertigung. Auf mich. Auf meine Gefühle, auf meine Motive und das, was für mich wichtig ist. Weg von meinem Sohn und seinem Gefühl. Weg von welchem Gegenüber auch immer. Das kleine Aber errichtet dann blitzschnell Mauern oder gräbt tiefe Gräben.
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Es ist so schön praktisch, dieses Wörtchen und so gut mit dem Konjunktiv befreundet: Ich würde das wirklich gerne ändern, aber es geht leider nicht. So oft ist es leichter für uns, eine Ausrede zu finden, anstatt eines Weges. Einen Grund, warum irgendetwas auf gar keinen Fall geht und deshalb keine Veränderung möglich ist. Das ist bequem und bedeutet Sicherheit.

Doch bedeutet es oftmals eben auch, dass alles so bleibt wie es ist. Wir gehen nicht zum Sport, machen diesen Yogakurs nicht, fahren nicht zur Kur, nehmen kein Auszeitwochenende mit der Freundin, stellen keine Putzhilfe ein, suchen keinen Babysitter und geben keine Aufgaben an den Partner ab. Schließlich geht es nicht, das erklären wir uns selbst im Brustton der Überzeugung – und das wirkt. Wir glauben uns.
Unser Gehirn möchte, dass wir überleben
Da müssen wir auch erstmal gar nicht all zu streng mit uns sein. Denn wir sind dadurch enge Verbündete unserer Gehirns. Unser Gehirn mag es bequem und vor allem sicher. Denn wir sollen überleben. Wie gut sich dieses Überleben anfühlt und ob es genug Auszeiten, kinderfreie Momente und Regeneration beinhaltet, ist unserem Gehirn egal.
Doch was tun wir nun gegen ein Wörtchen, dass Mauern errichtet und uns in der eigenen Bequemlichkeit gefangenhält?

Die Wunderwaffe lautet Selbstehrlichkeit. Gepaart mit Zeit. Und einer Alternative. Wir dürfen erstmal beobachten, dass und wann wir so herum-abern. Wir dürfen ehrlich zu uns selbst sein und uns immer wieder fragen, ob es da gerade WIRKLICH ein Aber gibt. Wir dürfen uns sinnbildlich mal auf die Zunge beißen und uns einfach nur entschuldigen, dürfen es aushalten, uns in der Schwebe zu fühlen und uns nicht zu rechtfertigen. Wir dürfen sanft mit uns sein und das ganze Schritt für Schritt angehen.
“Und” anstatt “aber”
Und wir dürfen „und“ statt „aber“ sagen. Ich möchte gerne etwas verändern und ich weiß gerade einfach noch nicht wie. Ich möchte wieder mehr für mich tun und manchmal fehlt mir einfach die Kraft dazu. Ich bin gerne Mama und ich bin auch gerne mal allein unterwegs.
Das reißt Grenzen ein. Ein persönliches Schengen-Abkommen, quasi. Das hält uns nicht länger auf der einen ODER auf der anderen Seite. Es verbindet und macht neue Räume auf.
Viel Erfolg bei der Selbstbeobachtung ;-)